Die TSG 1899 Hoffenheim zündete ihren Silvesterkracher mit Verspätung. Der Einschlag indes erschüttert die ganze Bundesliga: Der Cheftrainer des Aufsteigers von 2008 heißt seit Neujahr nicht mehr Ralf Rangnick. Beide Seiten einigten sich auf eine Auflösung des bis 30. Juni 2012 laufenden Vertrags. Die offizielle Bestätigung wird im Rahmen einer Pressekonferenz erwartet, die der Tabellen-Achte für 10.30 Uhr angekündigt hat.
Innerhalb eines halben Jahres ist der Herbstmeister aus der Saison 2008/09 sein einstiges Erfolgs-Gespann los: Manager Jan Schindelmeiser, den Rangnick vor viereinhalb Jahren in Hoffenheim installierte, hatte bereits im Mai 2010 um Auflösung seines Vertrages gebeten. Es war zu Kompetenzgerangel zwischen ihm und Rangnick gekommen.
Wer den 52-jährigen Coach ersetzt, steht noch in den Sternen. Fest steht, dass er ein schweres Erbe antritt und ein speziell Hoffenheim-gerechtes Profil aufzuweisen hat: Die Aufzucht vielversprechenden Nachwuchses steht im Mittelpunkt.
Tanner arbeitet ebenso gut wie Schindelmeiser
Mit Ernst Tanner folgte auf Schindelmeiser ein kompetenter Nachfolger, der gerade auch in der Hinsicht, ein Auge für Talente zu haben, überzeugt. TSG-Mäzen Dietmar Hopp attestierte dem Manager kurz vor dem Jahreswechsel im Interview mit t-online.de, "überragend" zu arbeiten.
Gustavo zu den Bayern, Alaba zur TSG
Für "Chef-Ausbilder" Rangnick galt das sowieso. Der erfahrene Schwabe führte zuvor in Deutschland völlig unbekannte Spieler reihenweise ins Rampenlicht und in den Fokus etablierterer Konkurrenten. Für 15 Millionen Euro sicherte sich zum Jahreswechsel der Deutsche Meister FC Bayern München die Dienste des Brasilianers Luiz Gustavo. Der war 2007 nach Hoffenheim gekommen und noch bis 2015 vertraglich gebunden. Im Gegenzug leiht der Bundesliga-Vierte sein österreichisches Talent David Alaba aus.
Rangnicks Händchen für Talente
Hopp sagte über Jungs wie Gustavo: "Ralf Rangnick hat diese Spieler übernommen, als sie noch ganz jung waren. Also hat er den größten Anteil an der Entwicklung." Hopp erfüllt es mit Stolz, "wenn Spieler, die bei uns eine positive Entwicklung genommen haben, bei den Großen im Fußball begehrt sind. Bei den Bayern (...) freut mich das ganz besonders".
Zerwürfnis wegen Gustavos Transfer
Hoffenheims Geldgeber, der ein ausgezeichnetes Verhältnis zum Ehrenpräsidenten des FC Bayern, Franz Beckenbauer, pflegt, scheint es sich aber gerade im Zuge des Transfers von Gustavo an die Isar mit Rangnick verscherzt zu haben. Bei dem sportlichen Architekten des Hoffenheimer Erfolgswegs aus der dritten bis an die Spitze der ersten Liga ist etwas zerbrochen. Rangnick hatte eine Abgabe Gustavos stets kategorisch ausgeschlossen. Zu wichtig war der nach dem Abgang seines Landsmanns Carlos Eduardo im letzten Sommer als Führungsspieler geworden. Rangnick aber wurde letzten Endes von Hopp und Tanner über- und quasi hintergangen.
Ohne Rangnicks Wissen hatten Gönner und Manager mit den Bayern über den Transfer Gustavos verhandelt. Hopp hatte den Wechsel des Brasilianers für den Sommer 2011 bereits als perfekt gemeldet. Um sein Gesicht zu wahren, entschloss sich Rangnick nun für die Trennung und das Ende eines überaus erfolgreichen Projektes, dem er seit Sommer 2006 Philosophie und Gesicht verlieh.
Vierter Trainer-Wechsel
Rangnick ist der vierte Bundesliga-Trainer, der in dieser Saison vorzeitig geht. Vor Rangnick wurde in Köln Zvonimir Soldo durch Frank Schaefer ersetzt. Christian Gross gab bei Rangnicks Ex-Klub VfB Stuttgart den Platz an Jens Keller ab, der wiederum Bruno Labbadia wich.