Gründe für eine 'Degradierung'

  • Hallo,
    ein Thema welches mich schon seit Längerem beschäftigt: Woran liegt es, dass ehemalige 'Main-Eventer' teilweise in kürzester Zeit in der Midcard verschwinden oder sogar zum 'Jobber' werden. Dies konnte man in letzter Zeit z.B. bei Dolph Ziggler, Ryback und Alberto del Rio (um nur einige zu nennen) beobachten.
    Hat das immer mit 'Backstage-Politics' zun tun? Ich kann mir das immer nur so erklären, dass diese Worker es sich aus irgendwelchen Gründen mit den Bookern oder mit anderen Verantwortlichen "verscherzt" haben. Dass sie nicht mehr 'over' sind hat doch auch was damit zu tun wie sie eingesetzt werden. Langfristig bleiben nur eine handvoll Leute an der Spitze. In meinen Augen macht das die ganzen Storylines usw. ein wenig unglaubwürdig (z.B. wenn ein ehemals gehypter Ryback nach 2 Minuten gegen Big Show verliert). Die Performance im RIng ist ja nicht plötzlich schlechter geworden, was eine Degradierung rechtfertigen würde.
    Zudem stört mich, dass alte Seilschaften oder Fehden später fast nie wieder erwähnt werden - als wären manche Sachen nie passiert. Passt das etwa nicht zur 'Schnelllebigkeit' des Geschäftes?
    Mich würde mal eure Meinung dazu interessieren.

  • Dieser Text ist so wunderbar markig, dass es mir das Herz aufgehen lässt :D
    Und deshalb antworte ich da auch mal drauf und lasse meine Gedanken dazu mal spielen.


    Ich denke, zuerst einmal muss man den Status des 'Main Eventers' etwas differenzieren. Denn die genannten Beispiele wie Ziggler und Ryback sind keine Main Eventer an sich. Das sind zwei Beispiele für die Leute, die für einen gewissen Zeitraum oder eine gewisse Story nach oben geholt werden, um nach Beenden der Story wieder normal eingesetzt werden. Und das ist nicht zwingend als Degradierung anzusehen, sondern eben als Upgrade für kurze Dauer oder Feldversuch oder wie man das nennen will.


    Das war aber schon so, seitdem es Wrestling gibt. Zu Hulk Hogan Zeiten gab es den Oberschurken of the Month. Auch dort wurden King Kong Bundy oder Earthquake sehr stark gepusht, um glaubwürdig gegen Hogan auszusehen. Danach waren sie was sie vorher auch waren: Wrestler ohne starke Fehden oder dauerhaft in den oberen Regionen.


    Erinnert euch an Cena oder dem Undertaker. Auch denen wurden Wrestler in den Weg gestellt, die vorher kaum Beachtung fanden, stark dargestellt wurden, sogar Siege gegen die großen Stars einfuhren, nur um dann wieder ihren normalen Weg zu gehen oder zu verschwinden. Als Beispiel nehme man da den Great Khali, Umaga oder vielleicht sogar Kane.
    Denn Kane ist auch kein Main Eventer. Er wurde immer nur gepusht, wenn man ihn für eine Story brauchte, die auch immer funktionierte und sogar Champion war. Aber wenn er nicht gebraucht wurde, war er der solide Midcarder oder Comedy Act.
    Ist das auch gleichbedeutend für eine Degradierung? Denke ich kaum.


    Alberto Del Rio als angesprochener Worker ist da wohl anders anzusehen. Er war seit seinem Debüt eigentlich immer ein Main Eventer. Er hatte stets große Matches, große Siege und große Fehden, egal ob man das als zusehender Fan jetzt anders sehen will :D
    Ich denke hier fehlt einfach momentan eine neue gute Geschichte um ihn herum und wenn das da ist, wird Del Rio auch weiterhin oben mitspielen

    In meinen Augen macht das die ganzen Storylines usw. ein wenig unglaubwürdig (z.B. wenn ein ehemals gehypter Ryback nach 2 Minuten gegen Big Show verliert). Die Performance im RIng ist ja nicht plötzlich schlechter geworden, was eine Degradierung rechtfertigen würde.

    Und hier ist dieser eine wichtige Punkt, den man niemals vergessen sollte: Es ist Wrestling, es ist nicht ECHT!!!!
    Unglaubwürdig wirkt es doch nur, wenn du dir nicht im Klaren bist, das Vergangenes auch vergangen bleiben sollte.
    Als Wrestler erlebst du niemals einen langsamen Aufstieg als Newbie, verlierst bis du erwachsen/besser wirst und dann nur noch gewinnst und keine Niederlagen mehr kassieren kannst.
    Auch der Aspekt des SPORTS ist hier nicht zu verachten. Ein UFC Fighter haut innerhalb eines Jahres alle in Sekunden weg und plötzlich verliert er auch mal in wenigen Sekunden.
    Ein Fußballverein dominiert die Liga und kassiert plötzlich ne 1:4 Klatsche, nur um dann wieder mal zu gewinnen um dann doch wieder ne Niederlage einstecken zu müssen.
    Das hat nichts mit diesem Wort DEGRADIERUNG zu tun, sondern mit dem Geschäft an sich, mit den Storyplänen (oder eben nicht vorhandene :D ) usw usw.
    Mein Gott, Fandango verliert gegen Santino in drei Minuten, kann aber Wochen später CM Punk 10 Minuten unter Druck setzen....na und?
    Wenn man jedes Match miteinander vergleicht, hat man wohl kaum Spaß am Wrestling mehr.

    Zudem stört mich, dass alte Seilschaften oder Fehden später fast nie wieder erwähnt werden - als wären manche Sachen nie passiert. Passt das etwa nicht zur 'Schnelllebigkeit' des Geschäftes?

    Der Grund, warum nicht jedes Mal Verbindungen zu alten Feinden und Freunden erwähnt werden, sollte doch nun wirklich klar sein, oder?
    Diese Verbindungen werden doch nur benötigt, wenn man es aktuell mal wieder braucht. Je wie es nach Story funktioniert.
    Klar wird man jetzt nicht die Feindschaft zwischen Cody Rhodes und Big Show oder Rey Mysterio ausgraben. Denn sie sind alle Face. Da schadet man sich selber. Solche ehemaligen Sachen kommen dann wieder, wenn es gebraucht wird.
    Oder mal ein aktuelles Gegenbeispiel: Orton vs. Cena. Da hat man das Gefühl, die beiden fehden seit 10 Jahren STÄNDIG gegeneinander, obwohl da auch kaum drauf eingegangen wird. Aber im Endeffekt hatten die wie viele Matches tatsächlich gegeneinander? 10 bis 15 höchstens! Das ist FAKT. Wie oft haben die gwirklich gefehdet? 2-3 mal.
    Und jetzt stell dir mal vor, JEDER Worker wird mit allen Fehden und Freundschaften von früher verbunden.
    Dann hat man niemals "frische" Paarungen. Das ist also nicht die Schnelllebigkeit, sondern der Effekt, dass man nicht alles erwähnen sollte um ein aktuelles Produkt zu haben.
    Warum sind Rey und Show jetzt Freunde? Haben die nicht 2007 gefehdet? Haben die sich nicht schon 1996 geprügelt?.....Das ist doch völlig egal!
    Muss man alles verschweigen von früher? Natürlich nicht! Ärgere ich mich manchmal, wenn plötzlich wer zusammenarbeitet, die vor kurzem oder vor längerer Zeit erbitterte Feinde waren? Klar doch.
    Aber so war es immer und wird immer so bleiben. Das ist ein wichtiger Aspekt von Westling.
    Manchmal wird das in den Shows erklärt, oftmals nicht.


    Es gibt wohl auch viele Beispiele für "Degradierungen". Aber meistens ist das nur der außenstehende Eindruck eines Fans und stimmt mit der Wirklichkeit nicht überein.
    Ist man automatisch verloren, wenn man Backstage nicht sonderlich angesehen ist?
    Dann wären wohl Punk, Lesnar oder The Rock nie gepusht worden.
    Ist man automatisch Main Eventer, wenn man Backstage ein großes Ansehen genießt?
    Dann müssten Kofi Kingston, Viscera (Big Daddy V) oder Mr. Perfect DIE Main Eventer schlechthin gewesen sein.


    "Degradierung" oder De-Push bleiben immer Wörter, die Fans nutzen, um sich selbst zu erklären, warum ein guter InRing Worker oder Liebling plötzlich von der Bildfläche verschwindet.
    In Wahrheit ist es einfach das Geschäft Wrestling, was viele Faktoren besitzt und nur bedingt mit dem Backstageverhalten zu tun hat.
    Das sollte man immer im Hinterkopf behalten und sich keine allzu großen Gedanken darum machen.

  • Naja, als "markig" muss man den Text ja nun nicht herabsetzen. Ich fand den Text sehr ok und sinnig.


    Um dann auch direkt beim Thema zu bleiben:
    Wrestling ist grundsätzlich ein Mannschaftssport. Oder Schauspielensemble (effektiv irgendwas dazwischen). Zum einen bist du als Einzeldarsteller gefordert, der selbstbewusst seine Rolle idealerweise Tag und Nacht spielt, zum anderen dreht sich dein Kerngeschäft darum, andere zu schützen und gut aussehen zu lassen.


    Es ist dann immer so, das sich der Fokus auf 3-4 Leute richtet und der Rest einfach nur "da ist" und wartet, bis er in den Fokus rückt. Ziggler ist da grade ein gutes Beispiel: Er hat keine Losing Streak, er gewinnt auch mal Matches, verliert welche, ist aber immer mittendrin. Er hat nur keine echte "Aufgabe" momentan.


    Wie kommt das? Spekulation. Als Aussenstehender sieht es eigentlich nicht so schwer aus, 4-5 Storys zu führen. Man hat 5 Stunden Sendezeit pro Woche, da wird sich das unterbringen lassen. Muss ja auch nicht jede Woche weitergeführt werden (wurde es früher auch nicht). Aber das macht die WWE aus mir nicht klaren Gründen. Ich kann nur vermuten, das die Marktforschung ergeben hat, das maximal 3 Stories gleichzeitig aufgenommen werden können und bei "mehr" der Zuschauer verwirrt ist. Kann gut sein, wir leben in Zeiten, wo Filme und Videospiele auf den Massenmarkt optimiert werden, der nicht mehr nach meinem Geschmack ist.


    Ergo gibt es eben nur wenige Plätze für "relevante Positionen". Und entweder drängt grade ein anderer ins Rampenlicht oder einer versaut sich die Position. Ziggler wurde wohl "degradiert" (aus dem Fokus genommen), weil er in Interviews etwas zu sehr gegen das Establishment gewettert hat. Ryback kam in die ungünstige Situation nach oben, wo erst Punk, danach The Shield "unangreifbar" waren, er also nur das Monster war, das den Meilenstein für die jeweiligen Leute darstellte.


    Und allgemein: Gefährlich wird es für einen Wrestler, wenn er nicht mehr zu sehen ist. Wenn er 3 Monate lang verliert und immer noch bei RAW live dabei ist, dann kommt er auch mal wieder weiter nach oben.