WrestlingCorner Kolumne: NJPW bleibt sich treu

Veröffentlicht am 1. November 2020 um 20:00 Uhr von Vincent Hummel in der Kategorie: Kolumnen.

Jede Wrestling-Liga auf der Welt hat bestimmte Maxime. So wie wir Menschen im richtigen Leben. Die WWE z.B. hat sich zu ihrem Ziel folgende gesetzt: Unterhaltung, Familienfreundlichkeit, breites Publikum.
Doch heute soll es mal ausnahmsweise nicht um den weltweiten Marktführer gehen, sondern vielmehr um den japanischen Marktführer NJPW (New Japan Pro Wrestling), der, wenn man sich mit der Materie genauer beschäftigt, ganz eigene und spezielle Maxime vorweist.

Anfang des Monats ereilte uns die Nachricht, dass sich auch die wohl stabilste Wrestling-Liga mal etwas wackelt. Es geht um die Personalie Meji. Jener war Präsident der japanischen Wrestling-Liga und für die Auslandsgeschäfte verantwortlich. Nun aber hieß es vor kurzem, dass man mit sofortiger Wirkung getrennte Wege gehe.

Eigentlich wurde Meji immer als guter Freund zu der amerikanischen Wrestling-Liga AEW (All Elite Wrestling) betrachtet. Doch es gab interne Beschwerden, dass dieser bewusst seine Kontakte zu verschiedenen Wrestling-Ligen blockiere. Demnach waren Talente wie Kenny Omega oder The Good Brothers aufgrund seiner Kontakte eigentlich eine sichere weitere Verpflichtung. Und jetzt kommt die eigentliche Ironie an der Sache: Die Geschäftsführung von AEW hat in Folge der Kündigung Meji’s verlauten lassen, dass es Differenzen gäbe, die nicht tragbar wären. Man könnte jetzt meinen, dass es die Blockierung von ausländischen Talenten zu NJPW der Grund wäre, was nicht nur logisch, sondern auch konsequent wäre. Die Gründe waren andere! Herr Sugabayashi und Herr Kidani sind maßgeblich an dieser Trennung beteiligt. Meji war nämlich ein Befürworter des amerikanischen Stils von AEW und wollte Nuancen nun in NJPW einbauen, was der Führungsetage gar nicht gefallen hat. Denn, Sugabayashi und Kidani sind große Verfächter ihrer Überzeugung und den speziellen Maximen die NJPW so ausmachen. Man könnte jetzt noch tiefer gehen, aber das würde den Rahmen sprengen, weshalb noch die Information zu geben ist, dass Meji aus beiden genannten Gründen und der wachsenden Unbeliebtheit im Lockerroom gegangen ist. Sein Nachfolger ist Takami Ohbari.

Nachdem man sich diese Geschichte so anhört, kann man hier durchaus geteilter Meinung sein. Normalerweise könnte hier auch vom Egoismus von Sugabayashi gesprochen werden. Doch das wäre zu hart. Wie schon in meiner Einleitung beschrieben, bedient sich NJPW an ganz eigenen und speziellen Maximen. Und das ist auch der Grund, warum man jede Veränderung als inakzeptabel ansieht.

Wenn man sich NJPW über einen längeren Zeitraum anschaut, wird man merken, dass hier eine Struktur zu erkennen ist. Angefangen mit den „Road to…“ Shows, dem eigentlichen PPV und jeder Menge Tag Team Matches am Anfang.
Einige kritisieren das zurecht. Aber es zeigt auch den Charakter, den NJPW hier an den Tag legt. Und dieser ist wichtig für jeden einzelnen PPV.

Bei den „Road to…“ Shows haben wir immer Tag Matches, auch mit den höher klassifizierten Wrestlern. Es dient dem Aufbau einer Fehde oder Storyline. Dabei sind alle Wrestler mit ihrem Stable präsent. Und das hat durchaus seinen Vorteil. Zum einen bekommen wir manchmal Fehden, die wir so nicht erwartet hätten, zum anderen können Storylines, und das kann wirklich nur NJPW so gut, entwickelt werden, die sich manchmal auch nur auf ein spezielles Körperteil desjenigen bezieht.

Bei den PPV’s haben wir die gleiche Hierarchie, nur mit dem Nutzen, dass die Tag Team Matches nun dafür gedacht sind, möglichst die Wrestler zu zeigen, die in verschiedenen Titelfehden keine Rolle spielen. Grob betrachtet kann man bei New Japan immer von rivalisierenden Stables reden. Und da es einige Leute gibt, die in Stables vertreten sind, kann man fast gar nicht anders, als diese in ein Tag Team Match von vier, acht oder sechzehn Personen antreten zu lassen. Außerdem kennt man in Japan auch eine Junior-Division, die ihre eigenen Titel hat, jedoch bei der gleichen Show kämpfen. Doch das ist mehr eine Randnotiz als ein explosiver Fakt.

Doch dann hagelt es manchmal Kritik, dass alles so langweilig und öde wäre. Viel zu viel Wrestling. Keinerlei Showeinlagen. Das stimmt so nicht ganz. New Japan hat es sich zum Auftrag gemacht, dass Wrestling auch zu zeigen. Ein Wrestling, dass fernab von viel Unterhaltung geschieht. Ein Fokus, der wirklich nur auf den Ring gelegt wird. Dort, wo auch die Fehden entstehen und nicht im Backstage-Bereich mit viel Sinn für Kreativität. Nicht umsonst lebt der Puroresu und der Strong Style in Japan.

New Japan ist vielleicht der Marktführer in ihrem Land. Allerdings hat sich diese Liga noch lange nicht international komplett durchgesetzt. Einerseits weil es manche nicht so sehr anspricht, weil man das Wrestling von WWE gewohnt ist, dass mit Entertainment eine gute Mischung findet und andererseits weil es New Japan auch gar nicht möchte. Es ist ihnen nicht gleichgültig, aber es scheint auch nicht ganz oben auf ihrer Agenda zu stehen. Das würde man sodann in die Worte „speziell“ packen. Also können wir nun die Maxime bestimmen: Struktur, Wrestling-Fokus, kleines Publikum.

Und genau diese drei Maxime machen NJPW zu etwas ganz besonderem, aber auch zu etwas ganz speziellem. Man kann sagen, was man will. Liebt man das Wrestling, den Sport, dann kommt man an New Japan nicht vorbei. Dann liebt man dieses Unternehmen und ist gefangen in einem Klaster voller spektakulärer Action, die kein Highflying besitzen muss und keinen amerikanischen Stil.

Vielleicht ist das auch ein Grund gewesen, um Meji zu entlassen. Weil jener etwas verändern wollte, was nicht verändert werden darf. Das haben Sugabayashi und Kidani eingesehen. Und da lassen sie nicht mit sich reden.
Warum? Weil sie wissen, dass New Japan einfach speziell und einzigartig bleiben soll.

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