WrestlingCorner Kolumne: Turnierzeit

Veröffentlicht am 18. September 2021 um 18:25 Uhr von Vincent Hummel in der Kategorie: Kolumnen.

Es ist mit die schönste Zeit im Spätsommer, wenn bei der japanischen Wrestling-Liga NJPW (New Japan Pro Wrestling) das große Turnier, der „G1 Climax“, stattfindet. Das begehrte Turnier um den Koffer, der einem, wenn man die Verteidigungen durchhält, ein Match um den IWGP World Heavyweight Championship garantiert. Doch nicht immer muss es ein Turnier sein.

Fast schon schwingt ein wenig Nostalgie rundum den „G1 Climax“. Etliche Wrestler haben diese begehrte Trophäe schon gewonnen – nur die wenigsten konnten daraus Profit schlagen. Und dennoch ist dieses Turnier ein großer Spaß. Jeder Turniertag wird dabei wie ein Event aufgebaut, wo nicht nur die Blockmatches im Vordergrund stehen, sondern auch die realen Mehrpersonenmatches. So also kann man sich fast drei Wochen lang mit vielen Stunden Wrestling vergnügen. Allein dieser Grundsatz verkündet Einschaltpflicht.

Schaut man sich so in anderen Ligen um, dann wird man auch hier sehr schnell fündig. Denn solche Turniere sind beliebt im Wrestlingkalender. So findet z.B. bei der deutschen Wrestling-Liga wXw (westside Xtreme wrestling) alljährlich das „16 Carat Gold Turnier“ statt, welches einem ähnlichen Muster folgt. Ganz woanders werden Battle Royals ausgespielt, oder einfach ein Koffer an einem Seil aufgehängt. Damit hat sich WWE sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal ausarbeiten können. Es ist ihr Highlight ohne Turnierform. Hier folgt man keinem speziellen System, sondern sagt sich, dass überall und jederzeit ein Einlösen stattfinden darf. Für die wirklich wichtige und spezielle Kampfpflicht im Main Event von „WrestleMania“ gibt es mit dem „Royal Rumble“ das größte Turnier oder Battle Royal.

Warum dieses Thema in der Kolumne eine Rolle spielt, ist ganz einfach: Auch hier gibt es wieder unterschiedliche Beliebtheiten. So kann man berechtigte Kritik verstehen, wenn einem der „G1 Climax“ einfach zu lang dauert, egal ob pro Folge oder insgesamt. Dann doch lieber vier Stunden den PPV genießen und dann sofort wissen, wer sich in den Vordergrund drängt. Andere wiederum sehen in einem Turnier den Reiz – auch durch die Länge. Es muss nicht immer alles schnell gehen.

Durch viele Abwägungen entstehen erstmal unterschiedliche Eindrücke. Dabei liegt die Brisanz dieser Kontroverse auf der Hand mit der Fragestellung: Wie soll ein Star aufgebaut werden? Ist es der Star, der sich nach einem 30-Minuten Match Sieger nennen darf oder sollte sich derjenige lieber seinen Sieg und damit über Vorrunde und KO-System hinaus erarbeiten? Dabei kommt für mich letzteres am deutlichsten zum Vorschein. Eine verdiente Chance auf den Gürtel eines Weltmeisters sollte sich aus einem Beweis großer Durchhaltekraft und ausdauerndem Engagement zeigen. Insofern lässt sich die Karte des kommenden (eventuell) Weltmeisters realistischer ausspielen als durch eine vermeintliche „nur“ starke Tagesform.

Es gibt kein Argument, das besagt, dass die WWE keine Turniere veranstalten kann. In mehrfacher Hinsicht hat sich die Liga mit dem „CWC“, „Mae Young Classic“, „UK-Tournament“ u.v.m. profiliert. Warum nicht also ein mehrtägiges Turnier um den Koffer veranstalten?!

Etwas negatives lässt sich aber dennoch an dem jetzigen „G1 Climax“ finden. Warum muss sich der Sieger über so lange Zeit beweisen? Warum kann es nicht einfach wie früher die eindeutige Versicherung sein? Jetzt muss ewig verteidigt werden und zur Not bekommen wir noch ein anderes Gesicht mit Koffer zu sehen. Das gefällt mir ganz und gar nicht, zumal ich mir schon nach dem Sieg das Match in Gedanken zwischen aktuellem und vielleicht baldigem Champion vorstelle.

Wieder mal Reformen um Reformen, aber vielleicht auch erneut nur ein Hirngespinst von mir…

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