17. September 2025

WrestlingCorner Review: WWE Premium-Live-Event „Bash In Berlin“

Es war der großartige Abend in Berlin, als am Samstagabend das erste Premium-Live-Event der WWE in Deutschland abgehalten wurde. Über drei Stunden zeigte der Marktführer unter Präsentation von fünf Matches eine ausverkaufte Show, die für das deutsche Publikum unvergessen bleiben soll. Es gibt so viel Positives zu berichten, doch leider auch Kritik.
(Diese Review bezieht sich auf die ausgestrahlte Shows und nicht auf das Live-Erlebnis vor Ort)

Bevor das Premium-Live-Event überhaupt angekündigt wurde, war man bereits informiert worden, dass der Marktführer wohl für einige dieser PLEs durch Europa reisen wird. Das hat man zuvor mit Frankreich und Schottland gesehen. Nun stand Deutschland auf dem Plan und bereits kurz nach Freigabe des Ticketverkaufs waren die Plätze an den Barrikaden vergriffen. Bekanntlich ist die Bodenbestuhlung sehr begehrt, denn man hat nicht nur einen viel näheren Blick auf das Geschehen und erlebt die Action hautnah, sondern man hat auch einen wirklich tollen Stuhl, der mit einer Verzierung auf das Event hinweist. Ein Andenken – wenn man so will!

Bevor auf den Beginn der Show geblickt wird, lässt sich etwas ziemlich beeindruckendes finden, dass sich während des PLE’s zugetragen hat. Die deutsche Kommentatoren-Legende Sebastian Hackl verkündete im Ring, dass WWE mit ihrem „Bash In Berlin“ die umsatzstärkste Arena-Show abgehalten haben, die es je in der Geschichte des Marktführers gab. Jedoch, und das ist wohl auch der erste Kritikpunkt, zeigt sich ein ziemlich teurer Ticketverkauf, der sich erst in den letzten Wochen zumindest einigermaßen stabilisiert hat. Für das gesamte WWE-Erlebnis mit „Friday Night SmackDown“, „Bash In Berlin“ und vielleicht Käufen im Superstore hat bereits so mancher sein Monatsgehalt aufgebraucht.

Angefangen hat alles mit der Kickoff Show am Freitag, die man gratis besuchen konnte. Und als sie begann, wurde bereits einer sehr stark vermisst – der CCO (Chief Content Officer) Paul „Triple H“ Levesque, der eigentlich immer diese Show in letzter Zeit eröffnet hatte. Stattdessen hat man uns The Miz als Gute-Laune-Mann vor die Nase gesetzt und kurz darauf die Matches vorgestellt. Auch hier gab es eine Besonderheit: Bis auf die Kontrahenten Gunther und Randy Orton kamen alle Wrestler getrennt auf die Bühne. Die Reaktionen kann man durchaus umgewertet stehenlassen, wobei man sich schon hätte vorstellen können, dass die deutschen Fans in Jubel für die gebürtigen europäischen Wrestler ausbrechen – wie im Falle von Drew McIntyre. Doch das blieb aus, jedoch hat man immerhin verstanden, wie man Taunts perfekt gegen Heels ausspielen kann.

Die Ausgabe von „Friday Night SmackDown“ hat gut angefangen, ließ aber sehr rasant nach. Es war ein gelungener Start, als man United States Champion LA Knight eine Promo abhalten ließ, der das deutsche Publikum gleich mal in Stimmung bringen konnte. Als man dann auch noch, wer hätte es gedacht, Ludwig Kaiser als dessen Herausforderer auf den Titel auswählte, war die Halle aufgewärmt. Ein Face-To-Face zwischen Undisputed WWE Champion Cody Rhodes und Herausforderer Kevin Owens darf so kurz vor dem Aufeinandertreffen nicht fehlen. Kurz vor dem Main Event wurde noch die Bloodline eingeblendet, als der Tribal Chief Solo Sikoa in einem Video zu uns sprach. Sehr schade, dass das Stable nicht den Weg nach Berlin gefunden hat und man stattdessen nur mit einem Einspieler befriedigt wurde. Da könnte sich schon ein Minderwertigkeitsgefühl einstellen. Zudem die WWE Tag Team Champions die Tage zuvor bei den Live Events in Oberhausen, Stuttgart und Frankfurt waren und ihre Titel verteidigten. Der Main Event war nicht mehr als ausreichend. Eher eine 4-. Nichts besonderes. Man konnte das Match zwischen Nia Jax und Michin nicht bei „Bash In Berlin“ bringen, weil beide bereits aufeinandertrafen. Man wollte den Leuten aber trotzdem ein Titelmatch liefern, jedoch hätte ich mir da eher Bayley als Herausforderin in einem Rückkampf gewünscht. Sie hatte zwar einen Auftritt, jedoch wäre dieses Match ein tolles sechstes für das PLE gewesen. So war natürlich klar, dass Jax ihren Titel verteidigt.

Am Tag des Events erreichte uns auch eine zweistündige Countdown Show, die meiner Meinung nach wieder unnötig in die Länge gezogen wurde. Die Vorschau auf die bevorstehenden Matches und ein paar Kommentare der dazugehörigen Wrestler hätten völlig ausgereicht und man wäre sicherlich in einer Stunde durch gewesen. Stattdessen hat man sich wieder mal darauf konzentriert, einen möglichst langen Hype der Vorfreude auszulösen und das intensive Gefühl durch die Stadt und Fans zu signalisieren. Leider konnte man nicht viele interessante Interviews hören, denn alles war entweder aufgezeichnet oder ohne wirklichen Mehrwert. Immerhin hat man hier mal Triple H gesehen der von Byron Saxton interviewt wurde. Natürlich sprach er nur in bester Wortwahl über Deutschland und das Publikum, so wie viele andere Wrestler auch, wenngleich man sich aber dann doch noch ein paar Klischees bedienen musste. Es müssen nur Wörter wie Bratwurst und Sauerkraut fallen und alle wissen Bescheid. Amüsant war der Einspieler mit The Miz, der ein paar kulinarische Highlights aus Deutschland probierte. Was man aber nicht verstehen muss, ist, warum ausgerechnet wieder The Miz als derjenige agiert. Es war zwar nur die Countdown Show, aber bereits da kam gleich mal das Gefühl auf, dass The Miz der Host der Show ist. Es hätte nur noch gefehlt, dass man uns eine deutsche Vorfahrgeschichte aufgetischt hätte, dass er doch eigentlich nicht wirklich aus Ohio kommen würde, sondern bei uns aufwuchs.

Das eigentliche PLE startete ziemlich enttäuschend. Zwar mit einem guten ersten Match, dass über zwanzig Minuten ging und das beste des Abends war, jedoch vermisste man auch hier die Eröffnung durch Triple H, als sodann endgültig klar war, dass sich der CCO nicht blicken lassen wird. Das Match zwischen Rhodes und Owens war auch das tiefgründigste und hatte ein gutes Storytelling. Hier und da fehlte es an einer wirklich überzeugenden Darbietung der Detailarbeit, aber es ließ sich sehen, wie Owens als wirklich herausragender Entertainer seine aktuelle Opferrolle als Mensch im Zwiespalt annimmt. Dass Rhodes den Titel verteidigt, war nicht wirklich überraschend und ist auch logisch. Auch hier gibt es jedoch einen negativen Kommentar. Warum musste man gerade Owens als Gegner auswählen? Natürlich hat man eine gute Begründung gefunden, die Rhodes Owens gab, aber warum wollte man nicht einen Rückkampf gegen Solo Sikoa promoten? Daher kommt auch gleich wieder der oben erwähnte Minderwertigkeitskomplex zum Ausdruck, dass dieses große Match nichts für ein PLE in Deutschland sei. Freilich war man dann mit eher leeren Händen vor „Bash In Berlin“ gestanden. Die Bloodline wollte man komplett heraushalten und daher hat sich nur Owens angeboten. Er war vielleicht von der Chemie und Fleißarbeit im Ring der bessere Gegner, jedoch nicht der, der dem Match mehr Prestige verleihen konnte.

Die Women’s Tag Team Championship ist etwas speziell, die bereits beim schottischen PLE „Clash At The Castle“ dafür herhalten musste, dass wenigstens ein Titel wechselte. Die Schotten hatten dadurch wenigstens ein Erfolgserlebnis der heimischen Wrestler. Und natürlich wollte man auch in Deutschland einen Titelwechsel zelebrieren, den es aber meiner Meinung nach nicht gebraucht hätte. Tatsächlich war ich bereits vor der Show der Meinung, dass Jade Cargill einen Heel Turn hinlegen würde. Auch die getrennten Einzüge und dieses emotionslose Agieren von Cargill mit Belair waren für mich eindeutige Zeichen. Doch man hat sich wohl dazu entschieden, diesen Turn erst nach einem weiteren Titelverlust zu vollziehen. Für mich hätte es dennoch diesen Titelwechsel nicht gebraucht. Es ist für mich jetzt unklar, welches Team nun in eine Rivalisierung um die Titel geht. Bei Heel-Champions hätte ich mir gut vorstellen können, dass alsbald die Wyatt Sicks mit Nikki Cross und Alexa Bliss auftaucht, aber das kann mittlerweile auch gegen Belair und Cargill passieren, da man dieses Face-Heel-Schema nicht mehr so ernst nimmt. Das Match war keine Besonderheit und hatte nur wenig Charme.

Es folgte das Strap Match. Das war tatsächlich eine Überraschung. Hätte man mich vorher nach der Matchcard befragt, wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass WWE dieses Match für „Bash In Berlin“ ansetzen würde. Selbstverständlich war es irgendwo bereits im Vorfeld nachvollziehbar, dass Punk dieses Match gewinnen wird. Es wird wohl zu einem weiteren Match kommen. Das dritte Aufeinandertreffen der beiden kann eventuell schon den Sieger der Fehde bestimmen. Dass es nun aber ausgerechnet ein Strap Match wurde, fand ich sehr passend. Die Storyline mit den vielen Details (Armband, Gürtel) ist gelungen. Ich mag gerne Detailarbeit in Matches und das hat man wirklich gut umgesetzt. Dass Punk jetzt sein Armband wieder hat, war auch ein toller Nebeneffekt. Das Match war wirklich in Ordnung und grundsolide gekämpft. Hier und da hätte man doch mehr Brutalität an den Tag legen können, aber das war wahrscheinlich nicht erwünscht. Auch der Cut bei Punk war nur semioptimal gelungen, kann aber auch sein, dass es so gewollt war. Für mich war dieses Match eines der Highlights für „Bash In Berlin“. Als Punk dann noch triumphierend auf der Barrikade vor den deutschen Fans stand und die Kamera in den Weitwinkel herauszoomte, wird bestimmt ein Moment für die Ewigkeit sein – wie das gesamte PLE!

Der Co-Main Event war für mich ziemlich überraschend. Also nicht das Mixed Tag Team Match als solches, sondern eher die Ansetzung dieses Aufeinandertreffens für das vorletzte Match des Abends. Da hätte man durchaus auch Punk gegen McIntyre nehmen können. Bereits im Vorfeld war für mich klar, dass es keinen Rückkampf zwischen Liv Morgan und Rhea Ripley um die Women’s World Championship geben wird. Ein derartiges Match, wie es nun angesetzt war, war mir bereits in den Sinn gekommen und ist auch von der Fehde her sehr stimmig ausgewählt worden. Schade ist es trotzdem, dass man ein weiteres Titelmatch durch eine anderweitige Involvierung stoppte. Der Ausgang des Matches war ziemlich vorhersehbar, wie auch der Eingriff des Judgment Days. Es war ein tolles Extra, dass Ripley auch kurz gegen Dominik Mysterio kämpfen durfte, was ihren Charakter fördert. Aber es war auch wieder mehr Showeinlage als wirkliche Matchqualität.

Das fünfte Match des Abends war auch dann bereits schon der Main Event. Über 30 Minuten hat man den beiden gegeben und das leider nicht zum Vorteil. Doch der Reihe nach. Gunther kam heraus und ich hätte mir tatsächlich mehr Reaktionen gewünscht. Natürlich ist er Österreicher, jedoch Lokalheld, da fast seine gesamte Karriere in Deutschland stattfand und von WWE auch so vermarktet wird. Dass man auch einige Orton-Chants hörte, ist nicht schlimm, denn die Viper hat auch hier in Deutschland eine große Fangemeinde. Es war nur schade, dass Gunther, als Heel wohlgemerkt, die deutschen Fans pushen musste. Sowas erwartet man eigentlich, wenn der heimische Held als World Heavyweight Champion im Main Event der größten Wrestling-Promotion der Welt steht. Auch die Vielfältigkeit der Chants ließ zu Wünschen übrig. Jedenfalls haben die 30 Minuten Kampfzeit dem Match nicht gut getan. Über die gesamte Zeit kann man allein schon 15 Minuten abziehen, die man damit verbrachte, auf die Crowd zu hören oder sich zu regenerieren. Natürlich gehört das auch dazu, aber das Match fühlte sich einfach nur schleppend an und kam nie richtig in Fahrt. Orton war irgendwo der Dominante im Ring, was wohl darauf schließen lässt, dass WWE spekulierte, er würde ausgebuht werden. Gunther hingegen hatte seine Momente und durfte Orton sogar zur Ohnmacht treiben. Das ist ein enormer Push für seine Karriere, obgleich er nicht unbedingt das Match führte, was ich eigentlich dachte. Orton macht alles richtig, wenn er seine Persönlichkeit nun dafür einsetzt, andere Generationen auf das nächste Level zu bringen. Der respektvolle Handschlag am Ende war der wohl größte Kayfabe-Bruch, der sich aber richtig anfühlte. Ein weiteres Match gegen Orton wäre jetzt aber unpassend, weil es Gunther dann wieder persönlich machen müsste. Gerne hätte ich noch mehr von der Siegesfeier Gunthers gesehen, aber man schaltete gleich zur Post Show und konnte nur noch hinter den Personen auf den Ring blicken. Aber natürlich passierte auch da nichts mehr, wenn die Kameras das nicht einfangen können.

Fazit:

Ein gelungener Start für ein PLE in Deutschland. Vor allem das erste Match war ein toller Beginn für die Show gewesen. Zwar hatten die weiteren Matches Probleme an Fahrt aufzunehmen, jedoch konnte man es sichtlich spüren, dass die Emotionen im Vordergrund standen. Man hätte etwas mehr Einfallsreichtum in den Chants der deutschen Fans erwartet und dem PLE hätte es gut getan, wenn es ein weiteres Match auf die Card geschafft hätte. Es wäre wünschenswert, wenn Europa wieder mehr in den Fokus des Marktführers rücken würde. Das muss nicht unbedingt in Form eines European Championships sein, sondern es könnten durchaus weitere PLEs den Platz in Europa besetzen. Natürlich hat man die langen Reisen für die Wrestler, die sowieso schon genug strapaziert werden, aber es würde wieder ein Zeichen sein, dass, für die größte Promotion der Welt, der Markt in Europa ein wichtiger Bestandteil ihres Strebens ist. Man muss nur aufpassen, dass diese angepeilten Stationen nicht in einer desaströsen Talfahrt wie damals mit „NXT UK“ enden. Das dürfte wohl mit PLEs und wöchentlichen Ausgaben des Main Rosters schwierig zu schaffen sein. Wir sind gerne wieder bereit, als Gastgeber zu fungieren!

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