Schleswig-Holstein: Die Große Krach-Koalition

  • Die Große Krach-Koalition


    CDU will Neuwahlen am 27. September, dem Tag der Bundestagswahl – SPD-Fraktion will gegen Auflösung des Landtages stimmen


    Nervenkrieg in Schleswig-Holstein!


    Die CDU will die Auflösung der Großen Koalition, Neuwahlen am Tag der Bundestagswahl. Die SPD stemmt sich mit aller Gewalt dagegen, fährt verbale Geschütze auf. Heute brachten die CDU, FDP, Grüne, der SSW und Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) einen Dringlichkeitsantrag im Parlament ein. Inhalt: Die Grundlage für eine Abstimmung über die Auflösung des Parlaments. Doch die SPD forderte, den Antrag in schriftlicher Form vorgelegt zu bekommen. Taktische Verzögerung!


    Dann ein erstes Aufatmen! Der Landtag stimmte dem Antrag geschlossen zu. Das heißt: Morgen oder am Montag wird über die Auflösung des Parlaments abgestimmt! Grund für die unklare Lage ist die Überprüfung von Formalitäten.


    Doch egal, ob am Freitag oder Montag: Eine Zwei-Drittel-Mehrheit ist nötig. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner: „Die SPD-Fraktion wird geschlossen den Antrag ablehnen. Darauf können Sie wetten.“ Sein Worst-Case-Szenario: Wenn lediglich sechs Abgeordnete der SPD für die Auflösung stimmen, hätte Carstensen seine Zwei-Drittel-Mehrheit zusammen!


    Vor der Landtagssitzung in Kiel bekräftigte Carstensen noch einmal für seinen Wunsch nach Neuwahlen, „das sei die offenste und ehrlichste Weise“, mit der Situation umzugehen. Gegen den Vorwurf, er lasse die Koalition aus Machtkalkül platzen, wehrte er sich: „Wenn einer dafür gearbeitet hat, dass es diese Koalition überhaupt noch gibt, dann bin ich das.“


    Im Norden herrscht Eiszeit!


    Denn SPD-Fraktionschef Ralf Stegner giftete im NDR-Radio über Carstensen: „Der Ministerpräsident kann ja zurücktreten, wenn er nicht mehr will.“ Weiter sprach er von „vorgeschobenen Argumenten“ der CDU. Die Partei wolle „ablenken von den Pannen im Atomkraftwerk Krümmel und von skandalösen Millionen-Zahlungen“ an den Vorstandschef der HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher. „Das ist nicht redlich.“


    Stegner lehnt die „wahltaktischen Spielchen“ der CDU ab. Die Verfassung sei „doch kein Abreißkalender.“ Die CDU will die Neuwahlen am 27. September stattfinden lassen, dem Tag der Bundestagswahl. Das könnte sich günstig für eine schwarz-gelbe Mehrheit in Schleswig-Holstein auswirken, denn die CDU liegt bei aktuellen Umfragen rund zehn Prozent vor der SPD.


    Zur persönlichen Verantwortung für die Dauerkrise der Großen Koalition in Kiel sagte der SPD-Chef dem ARD-Morgenmagazin: „Wenn man kein rundes Nichts ist und Ecken und Kanten hat, gefällt das nicht jedem.“


    Das Regierungsbündnis in Kiel ist seit Langem in der Krise. Die CDU wirft Stegner vor, falsche Aussagen zu machen und nicht zu gemeinsam vereinbarten Sparbeschlüssen zu stehen. Die Atmosphäre in dem 2005 gebildeten Regierungsbündnis ist vergiftet, besonders Entscheidungen in der Haushalts- und Energiepolitik waren immer wieder heftig umstritten.


    Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU): „Wenn die ausgestreckte Hand immer wieder weg geschlagen wird, dann hält man sie irgendwann nicht mehr hin. Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen.“


    Die Koalition stand schon im September 2007 vor dem Scheitern. Dies wurde damals verhindert, weil Stegner auf Druck der CDU seinen Posten als Innenminister aufgab. Er wechselte auf den Fraktionsvorsitz und löste Lothar Hay ab, der das Innen-Ressort übernahm.


    Ralf Stegner ist auch innerhalb seiner eigenen Partei nicht unumstritten: Das Gerücht, er sei der Abgeordnete gewesen, der im Frühjahr 2003 Heide Simonis (SPD) die Wiederwahl zur Ministerpräsidentin verweigert hat, reißten nie ganz ab.


    Jetzt zeigt das politische Beben im Norden schon Auswirkungen in der Hauptstadt!


    „Das ist auch ein Signal für Berlin“, sagte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) dem Internetportal „Handelsblatt.com“. Und fügte hinzu: „Eine große Koalition ist auf Dauer keine Lösung.“


    Mit Blick auf die angestrebten Neuwahlen in Schleswig-Holstein sagte Bosbach: „Ich glaube, dass die SPD mehr Probleme bekommen wird als die CDU, zumal Peter Harry Carstensen ein sehr beliebter Ministerpräsident ist.“



    (Quelle: BILD.de)