Die "Horrific Moments in Wrestling"-Kolumne beleuchtet in unregelmäßigen Abständen exklusiv auf WrestlingCorner.de die schlimmsten, peinlichsten & schrecklichsten Storylines, Angles und Matches, die die Fans je zu Gesicht bekommen haben. Dabei wird ligenübergreifend aus jeder Zeit ein Thema gepickt.
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Datum: 22. November 1990
Manche Leute werden sich sicherlich Fragen, wer oder was ein „Gobbledy Gooker“ sein soll. Als kleine Hilfe werfe ich die Worte „Ei“ und „Truthan“ in den Raum. Vielleicht leuchtet es jemanden ein. Vorweg sei gesagt, dass dieser Moment eines der überaus beklopptestens Angles war, die die WWE (damals noch WWF) jemals gebracht hat. Wer sich heute über verkorkste Storylines in der WWE aufregt, über unlogische Geschehnisse und eindimensionale Charaktere, die gerade komplex genug für Kindergehirne sind, dem sei gesagt, dass wir es heute doch so gut haben. Denn was damals in diesem Comic-Universum zusammengebookt wurde, das war teilweise sehr schrecklich.
Der 22. November 1990 ist der Tag, an dem die Survivor Series 1990 ausgetragen wurde. Eine denkwürdige Show, denn der Undertaker feierte sein Debüt. Und auch sonst wurde annehmbares Wrestling geboten. Eigentlich eine runde Sache (übrigens keine Flache Anspielung auf das Ei, worauf wir später zu sprechen kommen). Eigentlich. Denn im Vorfeld zu diesem PPV hat wohl nach Ansicht der WWF irgendwas gefehlt. So hat man monatelang ein riesiges Ei gehypet. Und mit gehypet meine ich nicht diese Methoden aus heutiger Zeit, wo man den vermeintlich gehypeten Wrestler / Event wieder nach zwei Wochen vergessen hat.
Dieses Ei wurde omnipräsent, sodass man sich trotz allen Zweifeln, warum eigentlich dieses dicke Ding in einer Wrestlingshow zu finden war, gefragt hat, was wohl hinter, oder besser gesagt in, dieser ganzen Sache steckt. Dieses Ei wurde beinahe eine Art Mythos. Vielleicht hätte man als Fan bei der Series Zeuge einer ganz großen Sache hätte ein können. Gene Okerlund machte dann beim PPV die Menge so richtig heiß, wirklich jeder in dieser Arena starrte auf dieses verdammte Ei da.
Und dann war es soweit: Das Ei zerbrach, die Welt des Wrestlings hielt den Atem an. Das, was man dann gesehen hat, war beinahe genauso schockierend wie die Tatsache, dass man den Leuten echt weiß machen konnte, das in diesem Ei irgendwas sensationelles drin stecken könnte. Ich meine: Was soll schon so weltbewegendes aus einem Ei kommen?
Auf jeden Fall stieg dann ein ausgewachsener Mann in einem lächerlichen Truthankostüm aus diesem riesigen Ei heraus. Und dann passierte etwas, was für diese Zeit sehr, sehr ungewöhnlich war: Die Crowd fing an diesen „Truthan“ gnadenlos auszubuhen. Wirklich die ganze Crowd. Und wir schreiben das Jahr 1990. Das war bahnbrechend. Und musste ich bei den Verantwortlichen irgendwie wie ein Schlag ins Gesicht angefühlt haben.
Aber das Chaos nahm weiterhin seinen Lauf. Hector Guerrero in einem Vogelkostüm machte sich auf in den Ring und brachte Gene Okerlund dann tatsächlich dazu, auf eine lächerliche und beschämende Art und Weise zum Song „Turkey in the Straw“ zu tanzen. Erst gab es einen Armhook-Dance, bis Gene dann komplett ausgerastet und quer durch den Ring ge-Achtung-eiert (Lacher vom Band) ist. Das sollte dann Tanzen sein, im Endeffekt hat er sich aber auf die Fresse gelegt. Dieses Truthahnvieh hat dann alle „Moves“ nachgemacht, die Okerlund nicht einmal selbst konnte.
Dieses Segment war nicht nur schrecklich, es ging auch eine halbe Ewigkeit. Ich habe nur selten eine Crowd zu diesen Hulk-Hogan-Mark-Crowd-Zeiten gesehen, die sowas von angewidert auf etwas reagierte. Dieses Schweigen unmittelbar nach dem „Schlüpfen“ hat mehr gesagt als all meine Worte hier in dieser Kolumne. Während sich Gene Okerlund dann mit dem Truthahn durch den Ring rollte, wollten uns die Kommentatoren Gorilla Monsoon und Roddy Piper irgendwie klarmachen, dass die Halle dieses Vieh da lieben würde.
Glückerlicherweise feierte wie bereits angesprochen der Undertaker sein Debüt, wodurch die Survivor Series 1990 positiv in Erinnerung geblieben ist, bleibt und auch immer bleiben wird. Die WWE schreibt auf der eigenen Homepage:
„Known as The Gobbledy Gooker, this 6-foot turkey was greeted by a chorus of boos from the disappointed crowd of 16,000 fans in the Hartford Civic Center. Instead of a returning Superstar or a beautiful woman, the fans got a walking Thanksgiving dinner.“
So etwas nennt man dann wohl Selbstironie...oder Einsicht. In diesem Sinne schließe ich das zweite Kapitel meiner Kolumne, bis zum nächsten Mal.