WrestlingCorner Kolumne: Gefährliches Spiel

Veröffentlicht am 18. Mai 2021 um 12:33 Uhr von Vincent Hummel in der Kategorie: Kolumnen.

DON’T TRY THIS AT HOME! Wie oft habe ich diesen Satz gelesen. Ein Satz, der mir im Gedächtnis geblieben ist, weil er alle 30 Minuten im alten Fernsehen zu hören und zu sehen war, dazu ein paar Wrestler mit schmerzverzerrten Gesichtern. Die WWE weiß, wie wichtig Prävention ist, aber gelingt es ihr auch?

Zunächst war dieser Satz nichts anderes als ein schlichter Warnhinweis. Dabei unterscheidet er sich sehr von anderen Hinweisen, die uns im Alltag begegnen. Um es mal plump zu sagen, es ist eine Behauptung. Wie man in der Schule lernt, ist diese nur halb so gut wie ihre Begründung. Diese ummalte die WWE mit ihren Bildern, wo Wrestler mit blutigen Nasen und Schmerzen zu sehen waren. Eigentlich Grund genug, diesen Sport zuhause nicht nachzumachen. Aber da stand ja was von „zuhause“. Darf ich es dann in der Schule? Nein, die WWE fügte School hinzu. Darf ich es denn dann wenigstens auf der Straße oder in der Bar? Or Anywhere!!! – damit war nun der große Traum geplatzt.

Die WWE lernte mit der Zeit, dass zuhause nicht gleich zuhause ist. Und um sich weitere Aufzählungen zu sparen, hat man sich dazu entschieden, ein Adverb zu verwenden, das alles einbezieht. Natürlich veränderten sich auch mal die Bilder und es war nicht nur John Cena mit seinem leeren Blick, sondern auch Randy Orton und Cesaro dabei.

So ziemlich jeder Wrestler hat mal eine Verletzung erlitten. Das muss nicht nur im Kampf passieren, das kann auch schon mal beim Training sein. Und daher könnte man so ziemlich jeden Wrestler in diesem Film verwenden. Aber es geht hier um Beweise und die müssen bei aufgenommener Sendung passiert sein. Da kan es schon mal sein, dass auch mal die „Works“ einen Platz im Spot finden. Ausnahme: Dolph Ziggler!

Trotzdem habe ich mir immer wieder die Frage gestellt, warum man das nicht nachmachen darf? „Schau dir die Bilder an!“ So ähnlich will es die WWE verkaufen. Aber ein normaler Zuschauer empfindet dabei keine Ablehnung oder wird dadurch abgeschreckt, nicht mal durch die tiefe Stimme.

Und wie naiv man natürlich früher war, hat man sich nicht an die mahnenden Worte gehalten, sondern ausprobiert. So etwas kommt keinem Outing gleich, weil es wirklich viele schon einmal probiert haben. Da bekommt mal wieder das Wort „Trampolin-Wrestling“ eine Bedeutung. Das besaß ich nie und kann deswegen nicht sagen, dass ein versuchter Chokesslam nichts anderes ist als ein Sprung auf den Rücken und dem eingesetzten Katapult. Nein, soweit ging ich dann doch nicht, wobei, wenn ich es mir recht überlege, wäre es vielleicht doch die schmerzlosere Alternative gewesen.

Ich war schon immer von technischem Wrestling begeistert. Daher wuchs die Vorfreude auch mal selbst diese Techniken zu beherrschen. Man erstellte sich seinen eigenen Submission-Move mit dem Stofftier in der Mangel. Doch dann sollte der gefürchtete Boston Crab kommen, ein Aufgabegriff, den ich endlich mal spüren wollte. Dazu mussten natürlich Freunde herhalten und ehe ich mich versah, landete ich in dieser Position. Sofort wurde meine Wirbelsäule gebogen und je mehr die Sitzposition des Angreifers eingenommen wurde, desto schmerzhafter wurde es, bis es so einen Leitschmerz gab, dass ich noch Tage danach mit Rückenproblemen zu kämpfen hatte.

Seither verstehe ich zwar die Aufforderung, stellte mir aber selbst die Begründung zusammen, an einem Beispiel demonstriert. Die Lehrerschaft wäre sichtlich stolz auf mich, mein Körper weniger, aber es gehört zur Erfahrung dazu. Danach sah ich immer wieder die Chops kommen und musste immer wieder mein Gesicht verzerren, weil ich mir vorstellte, wie das ausgesehen hätte, wäre mir so eine Pranke auf die Brust geflogen.

Zum Glück habe ich mich auch mit reiferem Alter davon distanziert und kann glücklich sagen, dass ich nicht zur Ära gehörte, die auf dem Trampolin ihr Repertoire auspackte und Leute durch Kartons beförderte oder mal eben den Liegestuhl zur Waffe machte.

Doch eine Kritik lässt mich nicht mehr los:
Die WWE stellt ganz klar einen Befehl aus. Aber warum? Wenn ich rauche, steht da kein Befehl, aber es steht die Begründung da, die ja, wie wir jetzt alle wissen, wichtiger ist, denn: Rauchen ist tödlich. Das wissen zwar viele und rauchen dennoch, was wiederum dann die Frequenz mindert, aber die Menschen sind sich dem bewusst.

Zweifelsfrei kann man beide Sachen nicht miteinander vergleichen, aber ich wünsche mir eben trotzdem, auch wenn es sich sehr Deutsch anhört, einen Nebensatz wie: cause it’s dangerous. Natürlich weiß ich das auch vorher, das ist klar. Mag mich jeder Leser jetzt für beschränkt halten, weil so etwas eine logische Schlussfolgerung darstellt, dann frage ich die Gegenfrage: „Hat es denn geholfen?“

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