WrestlingCorner Kolumne: Die Zappelunterhaltung

Veröffentlicht am 12. Juni 2021 um 23:57 Uhr von Vincent Hummel in der Kategorie: Kolumnen.

Ja, irgendwann muss es kommen. So oft war schon das „Overselling“ Teil meiner Kolumne, nicht nur auf autorischer Basis, sondern auch im Hinblick auf’s Wrestling. Es gibt einige Personen, die herausstechen. Markenzeichen hin oder her – das große Spektrum der Unterhaltung sei Dank!

Jedem Wrestling-Fan fällt bei dem Wort „Overselling“ ein Wrestler ein, der dies besonders bevorzugt: Dolph Ziggler. Kenner und Liebhaber des Wrestlings können einen anderen Namen nennen: Eric Young. Beide Personen verbindet man mit diesem Wort. Zwar sind es zwei völlig unterschiedliche Charaktere, aber im Endeffekt zappeln sie beide an der gleichen Stelle.

Jedenfalls ist eines sicher: Das Zappeln, wie ich es nannte, ist eine Unterhaltungsform. Manch einem gefällt es, der andere findet es übertrieben. Die Leute, die es unterhaltend finden, haben allerdings den Realitätsverlust verloren, das das Wrestling eigentlich auftechterhalten möchte. Denn in diesem Falle sprechen wir davon, dass man nach einem Stunner meilenweit durch den Ring schleudert und eine Pirouette dreht. Ziemlich übertrieben…

Aber am Ende zaubert es einen doch ein kleine Lachfalte um den Mund, weil es dennoch witzig ist. Und genau da kommt der springende Punkt, der Heel-Turn meiner Kolumne: Ich oute mich als Fan des „Oversellings“! Wer damit jetzt gerechnet hat, darf sich höchstpersönlich bei mir melden, das ich dann der Einflussnahme des Universums eindeutig Glauben schenke.

Viele Gründe für mein Outing habe ich bereits genannt. Es geht auch viel mehr um den Einsatz und um die Frage, wann der Zeitpunkt gerechtfertigt ist. Spontan habe ich einige Gedanken wiedererlangt. Ein positives Beispiel und ein negatives Beispiel:

Positives Beispiel:

Es ist die WWE „Live Tour“ in München 2016. Der Bulgare Rusev bestreitet gerade ein Match und kassiert einen Superkick von einem Wrestler, der mir in Gedanken nicht mehr klar vor Augen steht. Rusev beugt sich nach hinten, wippt wieder vor, nach hinten…endlos versucht er, auf den Beinen zu bleiben…und es gelingt ihm. Alles scheint wieder gut. Er hat sich gefangen. Ganze drei Sekunden später knallt er krachend und mit einem Ruck auf den Ringboden und gibt sich der Gewalt des Superkicks geschlagen.

Negatives Beispiel:

Es ist eine Episode von „Monday Night RAW“. Dolph Ziggler bestreitet gerade ein Match gegen Big Show. Der WMD sitzt wie eine Eins an der Schläfe. Drei Umdrehungen um die eigene Achse und dann klatscht Ziggler auf den Ringboden. So krachend, dass fast angenommen werden muss, dass die Landung mehr Schaden an ihm angerichtet hat als der KO-Punch.

Zwei Beispiele. Bei einem fand ich es passend, beim anderen nicht. Und das hat seine Gründe: Ein Live Event hat schon fast jeder Wrestling-Fan mal miterlebt. Da steht bei WWE die große Unterhaltung auf dem Plan. Und diese bekommt man auch zu Gesicht. Alle Akteure sind wie ausgewechselt. Nichts erinnert mehr an die Shows, außer der Gesinnung. Und so soll es sein. Ein Live-Event soll Unterhaltung bieten, wir sehen keine Kamera, warum also nicht die Zappel- oder Wipp-Stehnummer. Doch wenn es sich um „RAW“ handelt, einer Show, die die Storylines und Fehdenfortführung behandelt, mehr Aufmerksamkeit genießt als Live-Events, sind solche Manöver unangebracht und einfach schier übertrieben.

Andererseits: Wäre es nie bei „RAW“ passiert, wäre Ziggler auch nicht aufgenommen worden. Und da eh klar war, dass er dieser Typ ist, ist es auch nicht schlimm. Verstörend wäre es eher bei Rusev gewesen, wenn es einer festgehalten hätte, gegen die Verbote der Arena.

Und deshalb habe ich langsam auch Gefallen daran gefunden. Jeder Wrestler ist einzigartig und bringt seine Unterhaltung individuell an die Zuschauer. Abseits von Wertigkeiten der Shows, ist es eher ein netter Nebeneffekt, der die ganze Seriosität auflockert und zeigt, dass es zwischen Rivalen nicht nur böse Worte gibt. Bestes Beispiel ist das ausgefallene Gelächter zwischen Brock Lesnar und The Undertaker, mit einer Fehde, die ganz und gar nicht einen lachenden Charakter besaß.

Am Ende wollen wir alle nur unterhalten werden. Und wenn ich dann Ziggler wie einen Fisch an Land zappeln sehe, Eric Young’s Spiel mit den Augen wie ein Psychopath und Batista sich mal wieder fünf Meter nach hinten wirft, um einen Strongest Man die Würdigung zu erweisen, habe ich das /E/ endlich in WWE verstanden.

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