WrestlingCorner Kolumne: Kontaktverbot

Veröffentlicht am 3. Juli 2021 um 18:33 Uhr von Vincent Hummel in der Kategorie: Kolumnen.

Nein, es geht nicht um COVID-19! Mit geringer Inzidenzzahl wird es erlaubt sein, das Virus zu vergessen. Viel mehr stehen heute die Finisher im Scheinwerferlicht. Denn wer sich mit Wrestling ein bisschen auskennt oder schon etwas länger diesen Sport schaut, wird, vor allem bei WWE, Kontaktverbote gesehen haben. Bedeutet, dass kein Wrestler den Finisher zeigen darf, der auf der schwarzen Liste steht. Es geht dabei um den Schutz der Wrestler, aber auch manchmal nur um eine Story.

Das wohl bekannteste und fast schon jüngste Beispiel ist das Verbot des „Brogue Kicks“ von Wrestler Sheamus. Zur Zeiten seines Haltens vom World Heavyweight Championship war dieser Move der perfekte Endpunkt in einem Match. Es läutete mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit den Sieg des Iren ein. Technisch gesehen kein Meisterwerk, sondern eher eine Sache der Dehnung, um auch das anvisieren zu können, wo der Kick einschlagen soll – am Kinn.

Lange hielt sich das Gerücht, dass der Kick mehr oder weniger nur einem „Big Boot“ gleichen soll. Doch das wurde hinreichend widerlegt. Bei einem „Big Boot“ steht die Anvisierungsfläche dem Wrestler frei. Sollte er nicht als Finisher verwendet werden, wird es auch möglich sein, nicht den Kopf zu treffen. Das ist im Sinne der schnellen Ausführung manchmal auch hilfreich. Sheamus hingegen will es damit beenden und ist sich mit dem Einschlag am Kopf bewusst und nutzt dies gnadenlos aus. Nicht umsonst ist dieser Move von Sheamus gut vorbereitet und mit Zeit bedacht.

Einem gefiel dieser Move eine Zeit lang nicht: Vince McMahon. Der CEO sah in dieser Aktion eine zu große Gefahr für die Wrestler, die sich dadurch – bei „korrekter“ Ausführung – den Kiefer oder sogar den Nacken brechen können. Also war der „Brogue Kick“ auf der schwarzen Liste gelandet und damit verboten. Für Sheamus war das kein allzu großer Verlust, denn sein Repertoire war groß. Fortan bestimmte der „White Noise“ und sein altbekannter Move, der durch den Kick ein wenig in Vergessenheit geraten war, der „Celtic Cross“. Mehr oder weniger erfand sich Sheamus dann auch noch neu im Submission-Bereich und wendete den „Cloverleaf“ an.

Was genau bewirkte nun dieses Verbot? Wir sahen eine Zeit lang einen Sheamus, der sich davon nicht aus der Ruhe bringen ließ. Wir sahen weiterhin Wrestler, die von Sheamus anderweitig abgefertigt wurden und sodann irgendwie doch etwas einstecken mussten, was mindestens genau so gefährlich war.

Um es ein wenig amüsant zu gestalten, reicht es, sich die Liste der verbotenen Moves anzuschauen. Man wird schnell merken, dass die Verhältnismäßigkeit eindeutig fehlt. Nehmen wir das Beispiel AJ Styles, der mit seinem „Styles-Clash“ mindestens ebenso gefährlich unterwegs ist wie Sheamus. Wir alle erinnern uns an den misslungenen Versuch an James Ellsworth, bei dem es zum Glück glimpflich ausging – auch der jahrelangen Erfahrung von Styles geschuldet. Und doch vertraut man hier auf AJ Styles und seiner professionellen Darbietung.

Und genau hier steigt die Verhältnismäßigkeit ein. Wenn man von einem Nackenbruch spricht, dann gibt es beim „Brogue Kick“ oder „Styles-Clash“ ein klares Unentschieden und es besteht die gleiche Gefahr. Diese Kette kann beliebig fortgeführt werden und es würde damit enden, dass wir bald nur noch Close-Ups sehen würden. Der Gefahr sind alle Wrestler bewusst. Nichts ist ungefährlich und schon gar nicht die Finisher.

Eine weitere Möglichkeit ist es natürlich, im Wrestling sich den Vorteil daraus zu ziehen, dass man eine Story darum entwickeln kann. Nur sollte dabei alles offensichtlich sein. Bei Sheamus‘ Verbot wird nach wie vor auf einer Storyline vertraut, jedoch wurde das erst viel später publik als die eigentliche Nachricht, dass McMahon wirklich eine zu große Gefahr darin sah. Das müsste natürlich besser kommuniziert werden.

Daher sollte weiterhin so gut wie jeder Move erlaubt bleiben, wenn es nicht gerade in einer Rivalität storylinetechnisch von Bedeutung ist. Man nennt es auch Berufsrisiko. Dieses kann man natürlich mildern, das ist richtig. Jedoch ist es in einem Sport wie Wrestling, was emotionsgebunden ist, der falsche Weg. Zum Glück wurde der Brogue Kick wieder erlaubt und der schwarze Stiefel landet weiterhin in den Gesichtern der anderen. Vielleicht könnte man irgendwann eine Vereinbarung treffen, dass Moneymaker-Gesichter nicht mehr betroffen sein werden. So erspart man sich plastische Eingriffe und die Schönlinge dürfen weiterhin glänzen.

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