WrestlingCorner Kolumne: Doppelmoral bei WWE

Veröffentlicht am 8. Januar 2022 um 18:00 Uhr von Vincent Hummel in der Kategorie: Intern, Kolumnen.

Was war denn da bitte los? Erst pflegt man guten Kontakt, dann streicht man das, um noch besseren Kontakt zu generieren, nur um ihn dann doch wieder rauszuschmeißen. Die Rede ist von Samoa Joe, der nun zum zweiten Mal in einem Jahr gekündigt wurde. Ob diese endgültig ist, weiß man nicht. Er jedenfalls steht auch dieses Mal seinen Mann und verhält sich äußerst respektvoll gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber. Das zeigt sich vor allem in seinem Dankesbrief.

Was war passiert: Joe ist dreifacher NXT Champion. So was hat es noch nie gegeben und zeigt eigentlich das Vertrauen und die Verbundenheit. Jedoch hatte auch er in letzter Zeit des Öfteren mit Verletzungspech zu kämpfen. Erst 2019 war es ihm so ergangen und fortan war durch seine Gehirnerschütterung erstmal nur ein Kontakt als Kommentator bei den Shows zulässig. Die Rückkehr war weiterhin unklar – das wissen nur zu viele, wenn es um Gehirnerschütterungen geht, allen voran Bryan Danielson (fka. Daniel Bryan). Doch nicht allzu lange fort, konnte Joe zurückkehren und wenig später folgte die erste Kündigung. Im April 2021 hatte man sich von ihm getrennt. Es war die bekannte Entlassungswelle, die fast monatlich einschlug. Joe war jedoch derjenige, den man zurückholte. Das gab es bis dato noch nicht. Für „NXT“ soll er nun einspringen und dort eine operative Rolle übernehmen – kurzzeitig, wie wir wissen. Den auch gekündigten Karrion Kross besiegte er für seine dritte Regentschaft des NXT Championships. Es folgte eine erneute Verletzung und das komplette Aus für ihn bei WWE.

In dieser Historie kann man deutlich das Verletzungspech sehen, welches Joe in letzter Zeit hatte. Ob das ein Hauptgrund für seine Kündigungen war, ist nicht hinreichend geklärt. Dafür war der Abstand von seiner „ersten“ Verletzung bis zur „ersten“ Kündigung doch zu groß. Wohl eher wusste man nicht, wie es weitergehen soll. Wie bei so vielen Perspektivwrestlern hat man sich verkalkuliert und eine notwendige Kündigung geschrieben.

Es ist allerdings sehr erstaunlich, welch‘ großen Stellenwert Samoa Joe besessen hat. So war er der erste Wrestler, welchen man fast bettelnd wieder aufnahm. Auch der dreifache Gewinn im NXT-Bereich ist alleiniger Bestwert. Im negativen Sinne sogar seine zwei Kündigungen in der kurzen Zeit. Wer damit gut umgehen kann, ist gefeit vor der Frage seiner Existenzgrundlage. Und so einer war und ist Joe. Ein Mann seines Kalibers findet schnell wieder Anschluss. Aus unternehmerischer Sicht jedoch, wie sieht es da aus?

Namhafte Wrestler zu entlassen wissen wir spätestens seit den monatlichen Bekanntgaben. Aus dieser Sicht braucht man sich dabei über den Namen Samoa Joe nicht allzu überrascht zeigen, wenn es nicht das zweite Mal gewesen wäre. WWE sah die Zukunft mit Joe, deshalb holten sie ihn zurück. Doch dann fiel das Kartenhaus zusammen und plötzlich stand da wieder ein alter Hase an der Spitze. Reflektiert betrachtet, sprach das gegen die Maxime eines neuen „NXT’s“. Jung, dynamisch und talentiert. Bei allem Respekt trifft das auch auf Joe zu, jedoch hat man hierbei einen völlig anderen Folus gesetzt. Im Main Roster war offenbar kein Platz mehr, daher musste es „NXT“ sein. Das neue Produkt, „NXT 2.0“, war geboren und damit das Aus für Samoa Joe.

Als man Finn Balor damals zu „NXT“ degradierte, hatte man einen Plan, der sich in einem Heel-Turn zeigte und den Wrestler, nach völlig verkorkster Bookings im Main Roster, wieder aufbauen wollte. Es gelang und man kann von Gück reden, dass es damals noch keinen Umschwung bei der Nachwuchsliga gab. Wer weiß, was mit Balor dann passiert wäre. Jedenfalls kam jener wieder ins Main Roster zurück. Den toten Charakter wiederhergestellt und völlig neu auflaufen lassen. Das hat man mehr als gut hinbekommen.

Ich ziehe hier eine Parallele zwischen beiden. Nicht nur, weil beide erbitterte Rivalen in der Anfangszeit des neuen „NXT’s“ waren und auch nicht wegen ihres gemeinsamen Gewinns des ersten „Dusty Rhodes Tag Team Classic“, sondern genau wegen diesem Weg. Es resultiert einfach aus diesen Rückblicken, dass auch die Zeit bei Joe’s Kündigung eine Rolle spielte. Balor hatte noch genug Zeit, aufgebaut zu werden. Joe kam zu einem ungünstigen Zeitpunkt zurück, als die Zahlen immer weiter sanken und das Notkonzept umgesetzt wurde. Der Aufbau für’s Main Roster war nicht mehr abzusehen und erst recht die Perspektive in „NXT 2.0“. Die Kündigung war unumgänglich, dadurch zwar verständlich, jedoch entwickelt sich bei dem ein oder anderen die Aussage einer Doppelmoral. Ohne Hintergedanken gar nicht mal so verkehrt.

Timing ist alles im Leben. Weiß nicht, wer das gesagt hat, aber hier jedenfalls hat es gestimmt. Für Joe alles Gute und ein bisschen am Zeitrad gedreht, hätte ich eine weitere Laufbahn als Kommentator seinerseits sehr genossen.

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